Schauspiel
Das ist Theater!
In seinem 1954 gehaltenen Vortrag Theaterprobleme kommt der Schweizer Schriftsteller Friedrich Dürrenmatt zu dem Schluss: »Uns kommt nur noch die Komödie bei.« Denn die Tragödie setze Schuld, Not, Maß, Übersicht und Verantwortung voraus – Kategorien, die der heutigen Welt abhandengekommen seien: »Es geht wirklich ohne jeden. Wir sind nur noch Kindeskinder.« Dieser Befund hat sich in der Zwischenzeit – nach 1968, Mauerfall, Wiedervereinigung, Millennium, Flüchtlingskrise und Rechtsruck – mehr als bestätigt. Also spielen wir Komödie! Auf den Genre-Klassiker Arsen und Spitzenhäubchen folgen Dürrenmatts Physiker. Doch ist das Tragische immer noch möglich. Und so zeigen wir Die Physiker als Satyrspiel zu Goethes tragischem Faust. In einer Zeit, in der Europa und seine Werte von verschiedenen Seiten in Frage gestellt werden, stellen wir uns selbst in Frage und besinnen uns auf die Grundlagen unserer Kultur. Faust als Mythos der Neuzeit ist ein Beispiel dafür. In dieser Spielzeit können Sie den Doktor, der an die Grenzen seiner Wissenschaften stößt, sowohl im Musiktheater als auch im Schauspiel erleben – das Mehrspartentheater macht’s möglich. Spartenübergreifend veranstalten wir dazu ein gemeinsames Faust-Symposium, bei dem die Gretchenfragen nach Wissensdurst, Liebesbegierde und Religion aus unterschiedlichen Perspektiven diskutiert werden können. Diskutieren Sie mit! Denn wie sagt Dürrenmatt weiter: »Es ist immer noch möglich, den mutigen Menschen zu zeigen.«
Jürgen Popig
Leitender Dramaturg Schauspiel
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