Philharmonisches Orchester Heidelberg

 

Das Philharmonische Orchester Heidelberg gehört seit 2005 zum Theater der Stadt. Mit zahlreichen Konzerten und der Begleitung von Operninszenierungen bildet es eine eigene Sparte.

Das Orchester prägt mit einer stilistischen Flexibilität vom Barock bis zur Moderne sowie abwechslungsreichen Konzertformaten das Musikleben der Stadt. Zweimal wurde es vom Deutschen Musikverleger-Verband mit dem Preis für das »Beste Konzertprogramm« ausgezeichnet. Die pädagogische Musikvermittlung spielt eine große Rolle. Seit 2006 beschäftigen sich die Philharmoniker im Rahmen des Festivals Winter in Schwetzingen mit historischer Aufführungspraxis. Mit dem Heidelberger Künstlerinnenpreis und seinen Konzertprogrammen setzt sich das Orchester regelmäßig mit dem Werk von Komponistinnen auseinander.

Gegründet wird das Philharmonische Orchester am 8. April 1889 unter der Bezeichnung »Städtisches Orchester«. Dieser Zeitpunkt markiert zunächst die Eingliederung des Orchesters in die Städtische Verwaltung. Bereits vorher ist die Musikkultur in Heidelberg höchst lebendig.

Heidelberger Stadtorchester

Am Anfang steht ein »Musikverein«, der seit 1812 nachweisbar ist und der im Wesentlichen aus Laienmusikern besteht. Als »Heidelberger Stadtorchester« erhält das Orchester ab 1839 städtische Subventionen. Die Arbeit des Städtischen Orchesters besteht in den ersten Jahren vor allem aus Unterhaltungsmusik. Dies ändert sich durch das Engagement des ersten bedeutenden Dirigenten, Philipp Wolfrum, der als Gründer und Dirigent des Heidelberger Bachchores schon über viele Jahre mit dem Orchester musiziert hatte. Parallel zu Wolfrum als damaligem Universitätsmusikdirektor wirkt Paul Radig als Städtischer Musikdirektor.

Foto: Florian Merdes

Hochburg der zeitgenössischen Musik

In der Ära Wolfrum ist Heidelberg eine Hochburg der zeitgenössischen Musik und das Städtische Orchester eine einflussreiche Institution der Musikgeschichte: bereits 1893 werden Richard-Strauss-Tage veranstaltet. 1901 erlebt Jean Sibelius beim Heidelberger Tonkünstlerfest des Allgemeinen Deutschen Musikvereins seinen ersten internationalen Erfolg, als er im Festkonzert zwei Legenden aus der »Lemminkäinen-Suite« dirigiert. 1913 gibt es ein ganz auf Johann Sebastian Bach und Max Reger konzentriertes Heidelberger Musikfest.  

Einen neuen Impuls im Konzertleben setzt der Städtische Musikdirektor Kurt Overhoff, der 1931 die Leitung der Sinfoniekonzerte in die Hand nimmt und das Orchester in den kommenden Jahren einem neuen Aufgabenkreis zuführt. Overhoff muss seine Tätigkeit aber bereits 1940 wegen Krankheit aufgeben.

Während des Zweiten Weltkriegs wird das Heidelberger Musikleben vor allem durch namhafte Gastdirigenten aufrechterhalten.

Wiedereinführung des Konzert- und Opernbetriebs

Bereits im August 1945 ist es Hermann Meinhard Poppen möglich, mit dem aus zum Teil einheimischen Kräften verstärkten Städtischen Orchester und dem Bachverein im Schlosshof die Konzertreihe der Stadt und des Bachvereins wieder einzuführen. Die Berufung von Musikdirektor Fritz Henn bringt dann die volle Wiedereinführung des Konzert- und Opernbetriebs und erhöht auch die Anzahl an Planstellen erheblich.

Kontinuierlich aufwärts geht es 1954 mit der Einstellung Karl Ruchts als Leiter des Städtischen Orchesters. Rucht, ehemaliger Solotrompeter der Berliner Philharmoniker, ist bereits Generalmusikdirektor des Pfalzorchesters Ludwigshafen und übernimmt nun als zweites Orchester in leitender Position das Städtische Orchester Heidelberg. Er nutzt seine Doppelstellung, um eine enge Kooperation der beiden Orchester zu ermöglichen, und auf solche Weise groß besetzte Werke aufführen zu können. Bis zum Jahr 1960 dauerte die Zusammenarbeit zwischen dem Pfalzorchester Ludwigshafen und dem Städtischen Orchester Heidelberg.

Foto: Annemone Taake

Pädagogische Angebote

Nach der Ära Karl Rucht übernimmt für ein Jahr zunächst Hans Blümer, 1. Kapellmeister der Städtischen Bühne, zwischenzeitlich die Leitung des Orchesters. Er hat sich 1960−61 und in den Jahren 1972−73 mit großem Engagement dieser Aufgabe gestellt, so dass die Interimsjahre nie wie Provisorien wirkten. In den folgenden Jahren leiten Kurt Brass, Christian Süss und Gerhard Schäfer das Städtische Orchester.

Unter Christian Süss werden erste pädagogische Angebote aufgebaut: Konzerte für Kinder und Erwachsene sowie der Öffentlichkeit zugängliche Konzertproben, die auch von Schulklassen besucht werden.

Ehrendirigent

Der gebürtige Schweizer Mario Venzago übernimmt 1986 die Leitung des Orchesters. Sein Wirken als Dirigent, Pianist und Liedbegleiter sowie als Komponist, zeigt eine lebendige musikalische Vielfalt. Venzagos weit gefächerte Programme der Sinfonie- und Serenadenkonzerte finden beim Publikum großes Interesse und Beifall. Ihm gelingt die Aufstockung des Orchesters um 8 Stellen.

Seit 2007 ist Mario Venzago Ehrendirigent des Philharmonischen Orchesters Heidelberg.

Ein breites Publikum erreichen

1989−93 übernimmt Anton Marik das Amt des Generalmusikdirektors, und führt die Konzert- und Operntradition gewissenhaft fort. Mit der 11-jährigen Amtszeit des folgenden Generalmusikdirektors Thomas Kalb wurde ein bedeutendes Musikfestival geboren: der »Heidelberger Frühling«, heute international renommiert, beginnt auf Kalbs Initiative 1997 mit dem »Brahmsfest«. Nachfolger Volker Christ kann mit den »Philharmonic Wonders«-Konzerten, einer Zusammenarbeit zwischen Philharmonischem Orchester und der Freddy Wonder Combo, Erfolge feiern und ein breites Publikum erreichen.

Von 2005 bis 2012 leitet der mitlerweile international erfolgreiche Cornelius Meister das Philharmonische Orchester in der Position des Generalmusikdirektors der Stadt Heidelberg. Auf ihn folgt bis 2014 GMD Yordan Kamdzhalov. Von 2015/16 bis 2022/23 ist Elias Grandy Generalmusikdirektor der Philharmoniker und der Stadt Heidelberg. Ihm wird ab 2024/25 Mino Marani folgen.

Heute ist das Philharmonische Orchester Heidelberg in Einheit mit dem Theater der Stadt Heidelberg unter Intendant Holger Schultze fester Bestandteil des Heidelberger Musiklebens und bereichert die Kulturszene auf vielfältige Weise.

Stilistische Flexibilität

Für die Spielzeiten 1994/95 und 2006/07 wurde das Orchester vom Deutschen Musikverleger-Verband mit dem Preis für das »Beste Konzertprogramm« ausgezeichnet. Konzertreisen führten das Orchester in den letzten Jahren in die Kölner Philharmonie, nach Antwerpen und nach Ravenna. Die Konzerte werden regelmäßig vom Deutschlandfunk und vom SWR mitgeschnitten.

Das Philharmonische Orchester Heidelberg zeichnet sich durch seine stilistische Flexibilität aus. Seit 2006 beschäftigen sich die Philharmoniker im Rahmen des Festivals Winter in Schwetzingen mit historischer Aufführungspraxis. Eine lange Tradition hat das Engagement für Neue Musik: Mehrere Werke wurden vom Philharmonischen Orchester uraufgeführt und sind diesem gewidmet. Von 2005 bis 2016 arbeitete das Orchester mit einem jährlich wechselnden »Komponisten für Heidelberg« intensiv zusammen. 

Einen besonderen Stellenwert hat die Musikvermittlung. Eine Familienkonzert-Reihe wird unter anderem durch Piccolo- bzw. Kinderkonzerte sowie durch Jugendkonzerte ergänzt. Außerdem engagieren sich die Orchestermitglieder in Schulen und Kindergärten und sind dort häufig zu Gast. Das Jugendprojekt »Rap it Like Heidelberg« wurde 2010 vom Deutschen Musikrat mit dem 1. Preis beim Wettbewerb zum »Tag der Musik 2010« ausgezeichnet. An ein älteres Publikum richten sich die moderierten Werkstattkonzerte unter dem Titel »Hingehört!«. Zusätzlich präsentieren sich die Mitglieder des Orchesters regelmäßig in wechselnden Formationen in Kammerkonzerten.