Heidelberger Künstlerinnenpreis

Musikpreis der Stadt Heidelberg

Der Heidelberger Künstlerinnenpreis zählt zu den wichtigsten Kulturpreisen des Landes und ist weltweit der einzige Preis, der ausschließlich an Komponistinnen vergeben wird.

Im Jahr 2017 feierte der Heidelberger Künstlerinnenpreis sein 30. Jubiläum. 1987 von Roswitha Sperber gegründet, wird der Preis seit 2007 als städtischer Musikpreis von der Stadt Heidelberg verliehen und vom Theater und Orchester Heidelberg ausgerichtet, das jeweils ein Orchesterwerk der Preisträgerin im Rahmen eines Philharmonischen Konzertes zur Aufführung bringt. Der Deutschlandfunk als langjähriger Medienpartner zeichnet das Preisträgerinnen-Konzert auf und sendet es bundesweit zeitversetzt, gemeinsam mit einem Feature über die ausgezeichnete Komponistin.

Das Preisgeld wurde im März 2024 von bislang 5.000 Euro auf künftig 10.000 Euro verdoppelt. Die Erhöhung trägt das Theater und Orchester Heidelberg aus seinem Budget. »Ich freue mich sehr, dass der Gemeinderat unserem Wunsch gefolgt ist und der Verdopplung des Preisgeldes zugestimmt hat. Die Würdigung und Förderung von Künstlerinnen und Künstlern ist uns immer ein Anliegen, so auch die Vergabe des weltweit einzigen Preises ausschließlich an Komponistinnen«, so Holger Schultze, Intendant des Theaters und Orchesters Heidelberg.

Über die Vergabe des Preises entscheidet eine Jury, die sich aus Persönlichkeiten mit fachlichen Kompetenzen auf dem Gebiet der zeitgenössischen Musik zusammensetzt und die vom Oberbürgermeister und Juryvorsitzenden bestimmt wird. Mitglieder von Amts wegen sind der Intendant des Theaters und Orchesters Heidelberg, Holger Schultze, und der Generalmusikdirektor der Stadt Heidelberg. Weitere Mitglieder sind Frank Kämpfer (Redakteur für Neue Musik, Deutschlandfunk), Prof. Walter Nussbaum (KlangForum Heidelberg), Ulrike Schumann und Thomas Böckstiegel (Operndirektion des Theaters und Orchesters Heidelberg) sowie Heike Hoffmann (Leiterin der Schwetzinger SWR Festspiele) sowie der Konzertdramaturg des Philharmonischen Orchesters Stefan Klawitter.

Unter den Preisträgerinnen finden sich namhafte Künstlerinnen wie Adriana Hölszky, Sofia Gubaidulina, Olga Neuwirth, Kaija Saariaho, Isabel Mundry und Jamilia Jazylbekova. Zuletzt erhielten Lucia Ronchetti (2014), Iris ter Schiphorst (2015), Chaya Czernowin (2016), Ying Wang (2017), Zeynep Gedizlioğlu (2018), Elena Mendoza (2019), Bettina Skrzypczak (2020), Karola Obermüller (2021), Lisa Streich (2022), Farzia Fallah (2023) und Kathrin A. Denner (2024) den Heidelberger Künstlerinnenpreis.

Der Musikwissenschaftler Prof. Dr. Ludwig Finscher bezeichnete den Preis als einen »der wichtigsten Kulturpreise des Landes … Die kluge Auswahl der Preisträgerinnen hat geholfen, Grenzen zu öffnen, Qualitätsmaßstäbe zu setzen, die stilistische Vielfalt zeitgenössischen Komponierens bewusst zu machen, arrivierte Komponistinnen zu ehren und junge Komponistinnen zu ermutigen, erlittenes Unrecht wieder gut zu machen, soweit das überhaupt möglich ist.«

Preisträgerin 2025 ist Sarah Nemtsov

Sarah Nemtsov; Foto: Camilla Blake

Anlässlich der Vergabe des Heidelberger Künstlerinnenpreises 2025 wird Sarah Nemtsovs »Tikkun« im Rahmen des 4. Philharmonischen Konzerts am 5. Februar 2025 unter der Leitung von Mino Marani aufgeführt. Zuvor erklingt die Uraufführung ihrer Komposition »Schatten zu« für sechsstimmigen Chor a cappella, gesungen von der SCHOLA HEIDELBERG.

Zur Einführung findet um 19:15 Uhr ein Künstlerinnengespräch mit Sarah Nemtsov im ATLANTIC Hotel Heidelberg, Europaplatz 1 statt; die Fragen stellt der Musikwissenschaftler und -journalist Egbert Hiller (Deutschlandfunk).

Das Konzert wird vom Deutschlandfunk aufgezeichnet und am 6. April 2025 in der Reihe »Konzertdokument der Woche« ausgestrahlt.

Fantasie

Foto: Susanne Reichardt

Jurybegründung Heidelberger Künstlerinnenpreis 2025

»Sarah Nemtsov ist zweifelsfrei angekommen – bei sich und in der zeitgenössischen Szene in unserem Land. Nichtsdestotrotz gleicht ihr Tun immer aufs neue einem Experiment, besser: einem Experimentierfeld. In dieses führt die Komponistin Vorlieben wie Schlagwerk, Performance und Multimedia, das Spiel mit Objekten sowie die Neugier auf Instrumente aus Welten fern der Neuen Musik. Nicht zu vergessen die jüdische Denk- und Kulturtradition, mit der sie in Oldenburg aufwuchs und die jetzt in Berlin ihre Arbeit als starke Wurzel fundiert. Die künstlerischen Resultate sind eigensinnig, überzeugend, auf eigene Weise forsch-kräftig wie berührend fragil. Projekte wie ›Mekomot‹ oder ›Roses for my Funeral‹ oder ihre Opern ›Ophelia‹ und ›Sacrifice‹ sind exklusive Belege dafür. Sarah Nemtsov provoziert Emotionen, zuweilen bringt sie autobiografische Momente in ihre Werke mit ein – mit beidem steht sie authentisch für Vielheit, für Teilhabe, für die Akzeptanz der und des Anderen.«
Frank Kämpfer

 

Sarah Nemtsov

wurde 1980 in Oldenburg geboren und studierte Komposition in Hannover und Berlin. »Wildwuchernde Inspiration« – so beschrieb der Deutschlandfunk die Arbeitsweise Sarah Nemtsovs. Ihr Werkverzeichnis mit über 150 Kompositionen umfasst verschiedenste Gattungen. In ihrer eigenwilligen Musiksprache verbindet sie unterschiedliche Einflüsse, von Renaissance- und Barockmusik bis hin zu Jazz und Rock. Die Intensität ihrer Musik entsteht dabei auch durch die Bezugnahme auf außermusikalische Inhalte. Dazu zählen politische und gesellschaftliche Fragestellungen ebenso wie zwischenmenschliche Konstellationen. Ein weiterer wichtiger Aspekt ihrer Musik ist das Ausloten der Grenze zwischen Konzert und Musiktheater. Sarah Nemtsov erhielt zahlreiche Preise und Stipendien, u. a. 2012 den Deutschen Musikautorenpreis in der Kategorie Nachwuchsförderung und 2013 den Busoni-Kompositionspreis der Akademie der Künste Berlin. 2016 gewann sie den Kompositionswettbewerb ricordilab vom Verlag Ricordi Berlin; den Oldenburger Kompositionspreis für Zeitgenössische Musik erhielt sie im Jahr 2018. 2020 war sie beim Opus Klassik Preis als »Komponistin des Jahres« nominiert. 2021 wurde sie sowohl als Mitglied in die Sächsische Akademie der Künste aufgenommen als auch in die Sektion Musik der Akademie der Künste Berlin. Einspielungen und Porträt-Alben erschienen in der Reihe Edition Zeitgenössische Musik des Deutschen Musikrats, bei Wergo, Genuin records, Rondeau, Hänssler Classic und FIBO records. Seit 2022 ist Sarah Nemtsov Professorin für Komposition an der Universität Mozarteum Salzburg.

Die Preisträgerinnen 1987 bis 2024

1987 Myriam Marbe, Rumänien
1990 Adriana Hölszky, Deutschland/Rumänien
1991 Sofia Gubaidulina, Russland/Deutschland
1992 Galina Ustwolskaja, Russland
1993 Ivana Loudová, Tschechien
1994 Ruth Schonthal, USA/Deutschland
1995 Younghi Pagh-Paan, Deutschland/Südkorea
1996 Ruth Zechlin, Deutschland
1997 Babette Koblenz, Deutschland
1998 Annette Schlünz, Deutschland
1999 Christina Kubisch, Deutschland
2000 Elzbieta Sikora, Polen/Frankreich
2002 Olga Magidenko, Deutschland/Russland
2003 Carolyn Breuer, Deutschland
2005 Roswitha Sperber, Deutschland
2007 Unsuk Chin, Südkorea/Deutschland
2008 Olga Neuwirth, Österreich
2009 Kaija Saariaho, Finnland/Frankreich
2010 Misato Mochizuki, Japan
2011 Isabel Mundry, Deutschland
2012 Jamilia Jazylbekova, Kasachstan
2013 Maria Panayotova, Bulgarien
2014 Lucia Ronchetti, Italien
2015 Iris ter Schiphorst, Deutschland
2016 Chaya Czernowin, Israel
2017 Ying Wang, China
2018 Zeynep Gedizlioğlu, Türkei
2019 Elena Mendoza, Spanien
2020 Bettina Skrzypczak, Polen/Schweiz
2021 Karola Obermüller, Deutschland/USA
2022 Lisa Streich, Schweden
2023 Farzia Fallah, Iran/Deutschland
2024 Kathrin A. Denner, Deutschland